21. November 2020 Thema: Anträge und Anfragen, Gesundheit Von Martin Johannliemke
In Ostwestfalen-Lippe herrscht weiterhin ein Mangel an Hausärzten, vor allem aber an “Landärzten”. Auch Verl ist dem demografischen Wandel unterlegen und mehrere Hausarztpraxen suchen Nachfolger. Das führt nun zum plötzlichen Wegfall eines langjährigen Hausarztes in Verl-Kaunitz. Wir fragen nach.
Mehrere Hausarztpraxen haben in Verl bereits einen Nachfolger für in Rente gehende Ärzte gefunden. Doch der Erfolg der Stadt Verl frei werdende Hausarztpraxen mit jüngeren Ärzten zu besetzen, ist gleichzeitig Fluch wie Segen. Gelingt es größeren Gemeinden im Stadtzentrum attraktiv genug für eine Praxisübernahme zu sein, fehlt diese Attraktivität für den klassischen Landarzt in kleineren Kommunen und weniger zentral gelegenen Stadtteilen häufig. Für Verl bedeutet dies, dass die Stadt nicht mehr als unterversorgt im Sinne des Landes NRW gilt, obwohl sich die Arztpraxen im Stadtzentrum und einem weiteren Stadtteil tummeln.
Seit dem Sommer 2020 gilt Verl nicht mehr als kritische Gemeinde für die Versorgung mit Hausärzten. Damit fällt die Förderung über das sogenannte Hausarztaktionsprogramm (HAP) – mit bis zu 60.000 € – des Landes NRW weg, die jüngeren Ärzten eine Übernahme und Modernisierung einer vorhandenen Hausarztpraxis erleichtern soll. Konkret bedeutet das für Verl, dass mit Dr. Theodor in Verl-Kaunitz ein langjähriger Hausarzt ohne Nachfolger dasteht, da eine sicher geglaubte Übernahme finanziell scheiterte.
Dr. Theodor übernahm in Kaunitz viele Jahre nicht nur für die älter werdende Bevölkerung die wichtige Rolle des Hausarztes und damit des ersten Ansprechpartners in Gesundheitsfragen. Die Kaunitzer konnten sich auf schnelle Termine und wenn notwendig auf Hausbesuche verlassen. Auch das “Haus am Stein” mit der Wohngruppe und dem betreuten Wohnen fällt in den Betreuungsbereich von Dr. Theodor. Mit der baldigen Schließung der Praxis zum Jahresende 2020 fehlt besonders den weniger mobilen Kaunitzern ein Ansprechpartner vor Ort, welches durch einen lückenhaften ÖPNV noch verschärft wird.
Die Stadt Verl muss nun in die Bresche springen und die wegfallende Förderung des Landes ersetzen. Deshalb wollen wir wissen, ob die Stadt ihren umfangreichen Immobilienbestand nutzt, kostengünstige Mieten oder Pachtverträge für Landarztpraxen anzubieten. Eine umfangreiche Planung, die auch neue Immobilien der nächsten Jahre mit einbezieht, muss moderne Praxisräume oder Versorgungseinrichtungen schon vor dem Bau mitdenken. Wir wollen wissen, wie aktuell damit umgegangen wird. Auch eine erweiterte finanzielle Förderung zur Modernisierung oder Neuausstattung vorhandener Praxisräume oder eine Anschubfinanzierung ist in Betracht zu ziehen und zu prüfen. Nur mit einem konzertierten Plan und Mitteleinsatz kann es gelingen, alle Stadtteile Verls mit einer guten medizinischen Versorgung auszustatten und damit ältere und immobile Patienten nicht abzuschneiden.
Verl benötigt eine eigene umfangreiche Hausarztförderung mit finanzieller Unterstützung und günstigen Immobilien, da sich das Land hier nicht als dauerhaft verlässlich erwiesen hat. Nur so kann es gelingen, schnell neue Hausärzte auch für Kaunitz zu finden. Wir wollen von der Stadt wissen, welche Maßnahmen unternommen wurden und werden, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken und was noch geplant ist. Denn klar ist, wir müssen frühzeitig handeln.